Geschichte

1991 beschlossen zwei Menschen das Wagendorf „Waldehalde" zu verlassen und sich eine neue Heimat zu suchen. Berlin war wild und leer, der Mauerstreifen lang und die Möglichkeiten zahlreich. Sie entdeckten ein Fleckchen Erde an der Grenze von Kreuzberg nach Treptow, wunderbar am Kanal gelegen. Flugs besiedelten sie es, nur um 1992 der Parkanlage zu weichen, die wir heute als den „Schlesischen Busch" kennen.  Davon ließen sich die Beiden und die bereits auf ungefähr 20 Menschen angewachsene Zahl ihrer Mitbewohner nicht irritieren. Sie zogen ca. 600 Meter weiter auf ein ähnliches Stück Grenzland in der Lohmühlenstrasse am Landwehrkanal. Die Bewohner des ehemaligen Sperrgebietes Karl Kunger Kiez wunderten und empörten sich. Die Wagenburg jedoch wuchs und gedieh prächtig. Immermehr Bäume und Pflanzen wurden irgendwo ausgebuddelt und dort wieder eingepflanzt. Jemand steckte ein Stückchen Erde mit Flatterband ab und streute Grassamen auf die kahle Erde.  Nach zehn weiteren Jahren war der Mauerstreifen nicht wiederzuerkennen.  Eine Naturoase mit Pflanzenkläranlagen, Hochbeeten, mit Ökolehrpfad, mit Solaranlagen, von Müll befreit, von Kunstobjekten bevölkert, von Massen besucht, die die verschiedenen Konzerte und Ausstellungen sehen wollten. Einige Räumungskrisen wurden bewältigt. Als Folge einer Solchen zog das Wagendorf weiter landeinwärts um einem Uferwanderweg Raum zu geben.2005 wurde ein Bebauungsplan für das Gelände veröffentlicht. Die Aufregung war groß, Verhandlungen wurden geführt und die Lohmühle ging mit einem Vertrag für fünf Jahre in den nächsten Sommer. Viele alteingesessene Bewohner zogen aus, Neue zogen ein. Mit ihnen neue Ideen, neue Einflüsse. Inzwischen haben wir mindestens sechs feste Veranstaltungen im Monat. Cafes, Konzerte, Workshops, Kino und Ausstellungen. Trotz allem ist unsere Zukunft ungewiss. 2010 wird sich zeigen ob dieses wunderschöne Fleckchen Erde der Bauwut des Modernisierungsmonsters zum Opfer fallen soll, oder ob wir inzwischen so fest in den Herzen der Nachbarn und des Bezirks verankert sind, dass wir bleiben können.

Merle